Im Vorfeld des Rennens war es mir wichtig, die nötige Ruhe
zu finden, um die Taperingphase so entspannt wie möglich zu gestalten. Dafür
haben wir ein traumhaftes Häuschen im „Pippi-Langstrumpf-Style“ gefunden,
welches 25km von Kalmar entfernt lag. Das Training wurde weniger, die Spannung
und Vorfreude stieg! Die letzten Vorbereitungen sind allesamt top gelaufen. Und
dann gab es noch diese eine Einheit…
Perfekter Rückzugsort in der Nachbarschaft von Michel ;) |
Laut der Leistungsdiagnostiken prognostizierten mir so
einige Leute, dass ich auf dem Rad zu Zeiten fähig sein würde, die ich mir
jedoch selbst erst nach „der Einheit“ zutraute: Die Fakten: 3h auf der Insel
Öland (Wettkampfstrecke) mit 20 min. Sweetspot (350 Watt) und 1,5h Ironmantempo
(270 Watt). Am Ende stand ein 38,2er Schnitt auf der Uhr und ich wusste: Du
hast es drauf, eine ganze Zeit lang, ganz vorne mitzumischen am 20.! Dies war
definitiv die für mich wichtigste Einheit des ganzen Trainingsjahres (vor allem
mental).
Ein klein wenig Kopfzerbrechen machte mir nur noch der Wind,
der einen, mit Böen um die 12 Knoten teilweise um 1-2 Meter versetzte. Tag für Tag
wurde der Wetterbericht gecheckt…und es kristallisierte sich heraus, dass es am
Renntag nahezu windstill, und um die 20 Grad werden würde. Das Glück war auf
meiner Seite! Mein Wetter! Zudem kam 2 Tage vor dem Rennen noch weitere Unterstützung, in Form meines Vaters eingeflogen. :) Somit war der Körper, der Kopf und das Material
bereit wie nie, für einen Wettkampf
20.8.!
Die Abläufe bis zum Start bin ich im voraus zig mal
durchgegangen. Gelflaschen befüllen, Frühstücken, früh genug und ohne Stress
losfahren, Rad nochmal checken, Dixi, ein wenig Warmmachen und dann geht es
auch schon fast los.![]() |
Was wird das Rennen bringen? |
Eine Viertel Stunde vor uns wurden die weiblichen Profis ins
Rennen in die 16,6 Grad kalte Ostsee geschickt. Ein wenig Bammel hatte ich vor
der Temperatur. Beim Abschwimmen eines Teils der Strecke in der Woche zuvor,
bin ich nach einer Stunde zitternd wieder rausgekommen. Nun war es noch 1,5
Grad kälter. Also: 2 Badekappen auf und Zähne zusammenbeißen. Um Punkt 7 fällt
der Startschuss und schon nach 100m befinde ich mich an der Spitze. Geleitet durch
ein Kayak (worüber ich sehr froh war ;) fand ich schnell meinen Rhythmus. Die
Kälte und die Quallen? Nix von gemerkt…Wettkampfmodus! Ca. bei km 1,5 überholte
mich ein Athlet, dessen Beine ich nicht ganz halten wollte, da mir dies zu
diesem Rennzeitpunkt zu anstrengend war. Als 2. kam ich mit einer Zeit von
knapp über 50 Minuten aus der Ostsee. Jetzt gabs nur eins: Kontrollierte
Attacke. Bereits bei der Ausfahrt aus der Wechselzone befand ich mich auf Platz
1. Es lief!
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Bildrechte: Ironman Europe |
Nach einigen Kilometern, galt es die Ölandbrücke zu
überqueren, die die Insel mit dem Festland verbindet. Die Temperaturen optimal,
die Sicht jedoch nicht. Dichter Nebel hat die ersten Kilometer der Radtrecke zu
einem besonderen Erlebnis gemacht. Man hat die Zuschauer schreien gehört, bevor
man sie gesehen hat ;-) Dann ein kleiner Schock…in den ersten anderthalb
Stunden wollte ich 2 Riegel zu mir nehmen, die ich in meinen Wechselbeutel
gelegt habe. Und die zu dieser Zeit dort immer noch lagen. Jedoch konnte ich
die fehlenden Kohlenhydrate durch die Versorgung unterwegs kompensieren.
Dieselben Riegel, nur zu einem anderen Zeitpunkt. Ich sammelte nach und nach
die vor mir gestarteten Frauen ein und bei km 70 setzte ich mich dann vor die
bis dato Führende, Lucie Zelenkova. Nun durfte ich 110km hinter zig Motorrädern,
einem Führungsfahrzeug, und umgeben von lokalen TV –Teams über die Strecke
fliegen. Cool bleiben, Junge! Du führst einen Ironman an, ja…aber was zählt, sind
die letzten Laufkilometer! Das musste ich mir einige Male sagen. Bei km 100 dann
der zweite kleine Schock: Krämpfe. „Jetzt schon? Das kann ja noch lustig werden“,
dachte ich mir.
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Km 90 |
Bis dahin konnte ich einen Durchschnitt von knapp über 270 Watt treten. Da ich nicht mehr riskieren wollte, schraubte ich diesen dann etwas runter. Über die Ölandbrücke ging es nun zurück aufs Festland, wo
ich mich schon auf den Wendepunkt freute. Tausende Menschen, die nur mir zujubelten.
Das war definitiv Neuland für mich und ich genoss es (nicht augiebig :p), so
gut ich konnte. Die abschließenden 60km auf dem Festland waren recht
abwechslungs- und kurvenreich. Neben den Menschenmassen am Wendepunkt, war es
auch immer wieder einmalig, durch die kleinen schwedischen Orte zu fahren, in
denen die Bewohner sich mit Grill und Tischen an die Straße gesetzt hatten und
auf mich warteten! Wow! Das erste Mal, dass ich erfuhr, wieviel Vorsprung ich
hatte, war an einem Wendepunkt bei km 150. Und ich dachte, ich sehe nicht
richtig…es kam und kam mir keiner entgegen. Nach weiteren 30km fuhr ich schließlich
nach 4:38h über die 182km lange Strecke in die zweite Wechselzone ein. Auch bis
jetzt lief alles nach Plan. Schneller Wechsel und dann gings zunächst durch die
Stadt, in der ich einige km Gänsehaut hatte.
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Bildrechte: Cristian Brolin |
Die Laufstrecke war aufgeteilt in 4 Runden a 14km, davon ca.
3km durch die Innenstadt und Einkaufsstraßen von Kalmar, in denen ich aus jeder
Ecke angeschrien wurde. Plan war nun, locker zu starten und dann nach ca. 3km
einen Schnitt von 4:43min/km anzupeilen. Die Uhr zeigte dann eine 4:30-4:40,
was für die Situation in Ordnung war, so dachte ich. Die Führung durfte ich
noch bis ca. km 10 genießen. Mir war klar, dass die anderen Jungs nun näher und
näher kommen würden.
Leider konnte ich ab km 18 den geplanten Schnitt nicht
mehr aufrecht erhalten. Woran es lag? Das dürft ihr mir gerne sagen. Am Rad
überzockt habe ich nicht, viel zu schnell angelaufen bin ich auch nicht. Ab km
25 half dann nur noch Cola weiter. Die letzten Kilometer waren sicherlich die
härtesten, die ich je erlebt habe: Wenn man merkt, dass es eng wird unter neun
Stunden zu finishen, dann setzt man alles dran, dass es irgendwie klappt und
hofft, dass die Beine mitspielen und man nicht von Krämpfen geplagt umfällt!
Aber sie haben mitgemacht und das Gefühl, 29 Sekunden unter dem selbst
gesetzten Ziel durch den Zielbogen zu laufen, ist unbeschreiblich.
Fairerweise möchte ich anmerken, dass in Schweden keine
männlichen Profis am Start waren. Ansonsten wäre ich sicherlich nicht in den
Genuss gekommen, ein Ironman Rennen über fünfeinhalb Stunden anzuführen. Das
war der Wahnsinn! Und besonders Spaß gemacht hat es, danach eure ganzen
Glückwünsche zu lesen.
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Papa war auch "am Start"!!! |
13. Gesamt, 2, AK 30, 8:59:31h und die Hawaii Quali!
Einen maßgeblichen Anteil an dem Gelingen des „perfekten
Tages“ haben natürlich alle, die mich in dem Vorhaben unterstützt haben: Meine
Freundin (die sich nur ein einzigen Mal!!! darüber beschwert hat, dass ich nix
anderes mehr im Kopf habe, als Sport ;-), meine Eltern, und meine Sponsoren und
Partner.
Nun geht es am 1.Oktober nach Hawaii, um ein zweites Mal das „Aloha Feeling“ zu genießen. Noch eine Woche wird sich erholt, um dann mit einem Sprint in der 2. Bundesliga für das Kölner Triathlon Team 01 wieder voll einzusteigen in einen kurzen Belastungsblock!
Mahalo fürs Lesen! Euer Marco